
Busemanns EM-Kolumne
Europameisterschaften 2.0 - alles wunderbar
von Frank Busemann
Im altehrwürdigen Olympiastadion in Amsterdam finden Leichtathletik-Europameisterschaften mit allerlei modernem Schnickschnack statt. Diese Mischung hat ihren ganz eigenen Charme und passt ziemlich gut, meint ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann in seiner Kolumne.
Das war er also - mein erster Discobesuch im neuen Jahrtausend. Im Olympiastadion von Amsterdam sah ich mich einem musikalischen Klangteppich ausgesetzt, den ich nicht von gediegenen Sportfesten dieser Historie kenne. Ich bin ein Leichtathletik-Opa, da war ich schnell ermüdet. Aber auch so Dinge wie Twitter, Facebook, Schnäppschat und Zwitscher (oder wie das alles heißt) haben Einzug in die neue Präsentation gehalten. Die EM muss raus zu den Leuten. Das zeigt auch die Verlegung einiger Wurfqualifikationen auf den Museumsplatz. Bei den deutschen Meisterschaften nicht ganz neu, aber bei einer EM ist das ein Novum.
Nur die Besten sparen Kraft
Verwundert rieben wir uns die Augen, dass es ebenfalls modifizierte Vorrunden in den Läufen gab. Mussten diese Prozedur bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften eher die Exoten über sich ergehen lassen, erwischte es in Amsterdam schon so namhafte Athleten wie die britische Olympiasiegerin Christine Ohuruogu oder den Halleneuropameister Richard Kilty. Wer in diesem Jahr nicht zu den zwölf besten Europas gehörte, musste zur Extraschicht.
Auf der einen Seite ist die EM ein Turnier, bei der die Athleten verschiedene Runden durchlaufen müssen, auf der anderen Seite aber müssen die besten auch geschont werden, das haben sie sich mit ihrer Vorleistung erarbeitet. Im Hinblick auf Rio ist das eine dankenswerte Regelung der EAA.
Starke Statements für starke Athleten?

"I am clean" - die EM-Athleten geben ein eindeutiges Statement ab.
Neu ist auch, dass neben der Werbung und der Namen der Athleten ein nicht unerheblicher Zusatz auf der Startnummer prangt: "I am clean", "I run clean", "I jump clean" oder "I throw clean". Starke Statements für starke Athleten? Wollen wir hoffen, dass die Träger dieses Brustschmucks es wirklich ernst meinen - obwohl sie die Startnummer ja nicht nicht nehmen können.
Stadion mit antikem Charme
Aber dann dieses uralte Stadion. Die Treppen entsprechen nicht der deutschen Kniehebenorm DIN K 14 zur Bewältigung des Höhenunterschiedes. Ein Weg für Medienvertreter ging bis Dienstag noch über ein Meter hohe Mauern. Ich komme da drüber (so alt bin ich dann doch nicht), aber nicht alle schafften das. Deshalb wurde kurzerhand noch nachgerüstet. Die Sitze sind so eng, dass nur der Holländer von 1928 da drauf passt. Das ist eher EM 0.5. Aber dieses Antike ist auch irgendwie schnuckelig.
Die papierlose EM
Gab es früher die Ergebnisse auf Papier in gefühlt dreimillionenfacher Ausführung, sucht man die nun vergebens. Wegen uns stirbt der Regenwald also nicht. Informationsquelle ist ausschließlich das Internet (siehe oben - aber das kann ich), bei dem Papierwust der Vergangenheit eine richtige Entscheidung.
Und der Zuschauer? Nimmt die Europameisterschaft 2.0 scheinbar an. Als die Zehnkämpfer allein auf weiter Flur ihrem Hochsprung nachgingen, machten sie immer wieder Lärm, schickten Bilder auf die große Leinwand und machten Lust auf die nächsten vier Tage. Also alles wunderbar!
Weitere Informationen
Stand: 06.07.16 20:34 Uhr
Steckbrief
Das ist Frank Busemann
Kolumne
Medaillenspiegel
Platz | Land | G | S | B |
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1. |
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6 | 5 | 1 |
2. |
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5 | 4 | 7 |
3. |
|
5 | 3 | 8 |
4. |
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4 | 5 | 3 |
5. |
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4 | 1 | 2 |
6. |
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3 | 4 | 1 |
7. |
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3 | 1 | 2 |
8. |
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2 | 5 | 3 |
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