Hammerwerferin Betty Heidler © dpa - Bildfunk Foto: Kerim Okten

Hammerwurf

Der Hammer: Weis, Heidler, Kobs & Co.

Der beste Hammerwerfer der Geschichte ist Juri Sedych. Sein Weltrekord ist bis heute gültig. Bei den Frauen hielt Betty Heidler über drei Jahre die Welt-Bestmarke.

Ihre Anspannung brüllen sie mit einem "Urschrei" hinaus - und sie haben allen Anlass dazu: Fliehkräfte von bis zu sieben Zentnern muss ein 80-m-Hammerwerfer aushalten. Die Schwergewichte im Ring absolvieren die wohl kraftintensivste und eine der technisch anspruchsvollsten Disziplinen der Leichtathletik.

Ursprünglich warfen Iren und Schotten ein Kriegswagenrad mit einer festen Achse. Im Mittelalter dienten Schmiedehämmer mit Holzstiel als Wurfgerät - wie heute noch bei den schottischen Highland-Games. 1866 begann bei den englischen Meisterschaften die Epoche des neuzeitlichen Hammerwurfs. Bei beliebigem Anlauf, meist sogar aus dem Stand, schleuderten die Wettkämpfer einen starren Hammer mit Holzgriff und gusseiserner Kugel. Seit 1887 besteht der 7,26 kg (Frauen: 4 kg) schwere Hammer aus einem Stahlhandgriff, Verbindungsdraht und einem runden Hammerkopf aus Metall.

Beschleunigung auf etwa 100 km pro Stunde

Beim Wurf rotiert der Athlet auf Hacken und Ballen drei- oder viermal im Ring um die eigene Körperachse und beschleunigt so das Gerät bis zum Abwurf auf etwa 100 km pro Stunde. Die Wettkämpfer haben drei Versuche. Die besten Acht qualifizieren sich für den Endkampf, in dem ihnen weitere drei Versuche zur Verfügung stehen. Die Athleten dürfen nicht übertreten. Dagegen ist es kein Fehlversuch, wenn der Hammerkopf beim Schwungholen oder bei der Drehung den Boden oder die Oberseite des Kreisrings berührt. Der Wettkämpfer kann den Versuch abbrechen und ihn neu beginnen - vorausgesetzt, es liegt kein anderer Regelverstoß vor.

Weis und Kobs werden Weltmeister

Hammerwurf-Weltmeister Karsten Kobs © AP

Hammerwurf-Weltmeister 1999 in Sevilla: Karsten Kobs.

Zweimal in Folge bestieg Juri Sedych (UdSSR) den Olympia-Thron. 1976 in Montreal und 1980 in Moskau war der Weltmeister von 1991 nicht zu schlagen. Sein Weltrekord von der EM 1986 in Stuttgart ist bis heute gültig (86,74 m). Der bislang einzige deutsche Olympiasieger in dieser Disziplin ist der Hamburger Karl Hein, der 1936 in Berlin mit 56,49 m triumphierte. Zu den ganz Großen zählt Heinz Weis. Höhepunkt seiner langen Karriere war der Titelgewinn bei den Weltmeisterschaften 1997 in Athen. In einem dramatischen Finale musste der Deutsche den Vorsprung eines Konkurrenten gleich dreimal überbieten.

Das Erbe von Weis trat mit fließendem Übergang Karsten Kobs an, der 1999 in Sevilla mit 80,24 m überraschend Weltmeister wurde und vor Begeisterung in den Wassergraben sprang. Wegen Dopings der vor ihm Platzierten rückte der Leverkusener Markus Esser viele Jahre nach der WM 2005 in Helsinki und der EM 2006 in Göteborg jeweils noch in die Medaillenränge auf.

Titel und Weltrekord für Heidler

Erst seit 1999 wuchten auch die Frauen den Vier-Kilogramm-Hammer ins weite Rund. Die starke deutsche Werfer-Tradition in dieser Disziplin setzte die Westfälin Kirsten Münchow mit Bronze 2000 in Sydney fort. Mit dem Titelgewinn bei der WM in Osaka 2007 begann die Ära von Betty Heidler. Die Berlinerin holte nach Platz vier bei den Sommerspielen in Peking bei der Heim-WM 2009 ebenso Silber wie zwei Jahre später in Daegu. Im Mai 2011 erzielte die Europameisterin von 2010 mit 79,42 m einen Weltrekord, den sich Anita Wlodarczyk im August 2014 ausgerechnet in Berlin mit 79,58 m zurückholte.

Nachträglich Olympia-Silber?

Anfang August 2015 steigerte die Polin im polnischen Cetniewo ihre eigene Bestmarke auf 81,08 m und durchbrach als erste Frau die 80-m-Marke. Heidlers Herzenswunsch vom olympischen Edelmetall erfüllte sich 2012 in London. Nach langem Zittern und Verwirrungen um die Weitenmessung stand schließlich der Gewinn der Bronzemedaille fest. Gut möglich, dass daraus Jahre später sogar noch Silber wird: Siegerin Tatjana Lyssenko ist offenbar unter den acht russischen Athleten, die bei Nachtests von den Spielen in London des Dopings überführt wurden. Der Ex-Weltmeisterin droht damit der Entzug ihrer Goldmedaille, Heidler würde vorrücken.

Dieses Thema im Programm:

Sportschau live, 09.07.2016, 20.15 Uhr

Stand: 01.06.16 14:15 Uhr

Titelverteidiger

Männer:
Krisztian Pars (Ungarn) 82,69 m
Frauen:
Anita Wlodarczyk (Polen) 78,76 m

Rekorde

Männer:
WR: Jurij Sedych (Sowjetunion) 86,74 m
ER: Jurij Sedych (Sowjetunion) 86,74
DR: Ralf Haber (Karl-Marx-Stadt) 83,40
Frauen:
WR: Anita Wlodarczyk (Polen) 82,98
ER: Anita Wlodarczyk (Polen) 82,98
DR: Betty Heidler (Frankfurt) 79,42

Termine und Teilnehmer

Frauen - Hammerwurf
Datum Zeit Runde
06.07. 10:45 Uhr Qualifikation, Gruppe A
06.07. 12:20 Uhr Qualifikation, Gruppe B
08.07. 18:10 Uhr Finale
Männer - Hammerwurf
Datum Zeit Runde
08.07. 12:30 Uhr Qualifikation, Gruppe A
08.07. 13:50 Uhr Qualifikation, Gruppe B
10.07. 17:10 Uhr Finale