Frank Busemann blickt in eine Glaskugel (Montage) © picture alliance, fotolia.com Foto: Sascha Baumann, Klaus Eppele

Busemanns EM-Orakel

Wurf: Sieben Goldchancen in acht Disziplinen machen Angst

Die Edelmetallschmiede des DLV wird bei der EM nicht alleinverantwortlich für das Goldschürfen sein. Doch werden die Werfer auch dieses Mal den größten Beitrag für einen aufgehübschten Medaillenspiegel leisten. Optimistisch verrückt lässt sich in den acht verschiedenen Wurfdisziplinen von sieben Goldchancen träumen. Das macht Angst. Zum Glück sind Chancen keine Garantien.

David Storl muss sich gegen drei starke Polen zur Wehr setzen, allerdings zeichnet ihn eine unglaubliche Nervenstärke aus. Da die EM eher Durchlaufstation für Rio sein wird, hat er noch nicht die finale Stärke und kann gewinnen, muss es aber nicht. Bei den Damen hingegen sieht das ganz anders aus. Weltmeisterin Christina Schwanitz hat ebenfalls noch nicht die Klasse des vergangenen Jahres, sollte aber gewinnen, wenn sie nicht Zweite wird.

Inflationäre Tendenzen im Diskuswerfen

Bei den Diskuswerferinnen und -werfern haben wir viel zu viele Athleten für viel zu wenige Plätze. In der Wirtschaft würde man bei derart großem Überangebot an weiten Würfen von inflationären Tendenzen sprechen, bei uns schlicht vom Diskuswerfen. Ohne Robert Harting tritt das Trio "kleiner" Harting (was gelogen ist, der ist eigentlich größer, aber eben jünger), Daniel Jasinski und Martin Wierig an und muss beweisen, dass es auch für Furore sorgen kann. Gegen Polens Piotr Malachowski wird es schwer, aber Christoph Harting wird zeigen wollen, was in ihm steckt. Eine Medaille muss das erklärte Ziel sein.

Bei den Damen hat Julia Fischer weitenmäßig die Regentschaft übernommen. Es bleibt abzuwarten, ob sie ihre neue Stärke auch im Wettkampf von Amsterdam umsetzen kann. Egal: Fischer oder Nadine Müller - Deutschland holt Silber und Bronze hinter der Kroatin Sandra Perkovic.

Röhler schafft es kaum unter 85 Meter

Im Speerwerfen haben wir mit Thomas Röhler den Weltjahresbesten am Start, der zurzeit scheinbar nur unter größter Kraftanstrengung NICHT über 85 Meter wirft. Mit Johannes Vetter und Lars Hamann werden die deutschen Speerwerfer das beste Mannschaftsergebnis seit Langem zeigen, gäbe es eine Speerwurfstaffel, wären wir unschlagbar.

Bei den Damen wird sich Weltmeisterin Katharina Molitor überwiegend mit deutscher Konkurrenz auseinandersetzen. Mit Christin Hussong und Linda Stahl befindet sie sich im steten Wettkampf und kennt die Last der Qualifizierung nur zu gut. Hussong machte in diesem Jahr bisher den besten Eindruck, allerdings gibt es in dieser Disziplin nicht erst seit Christina Obergföll die ein oder andere Überraschung, wenn der Speer mal vier Meter weiter fliegt als prognostiziert. Die europäische Spitze liegt momentan derart eng zusammen, dass sich bis zum letzten Wurf niemand seiner Platzierung sicher sein kann. Zwischen Rang eins bis sechs ist alles möglich.

Heidler kann silbrig glänzen

Betty Heidler und Kathrin Klaas sind aus dem deutschen Hammerwurf gar nicht mehr wegzudenken. Ex-Weltrekordlerin Heidler ist wie in den vergangenen Jahren auch die beste Deutsche und wird versuchen, die Polin Anita Wlodarczyk unter Druck zu setzen. Was aufgrund des großen Vorsprungs und der unglaublichen Sicherheit der Weltrekordlerin ein schwieriges Unterfangen sein wird. Heidler kann in Amsterdam silbrig glänzen.

Dieses Thema im Programm:

Sportschau live, 09.07.2016, 20.15 Uhr

Stand: 04.07.16 09:00 Uhr

Das ist Frank Busemann

Geboren:
26. Februar 1975 (Recklinghausen)
Disziplinen:
Zehnkampf, Hürdensprint
Sportliche Erfolge:
Olympia-Silber 1996 (8.706 Punkte)
WM-Bronze 1997 (8.652 Punkte)
U23-Europameister 110 m Hürden 1997 (13,54 Sek.)
Juniorenweltmeister 110 m Hürden 1994 (13,47 Sek.)
Auszeichnungen:
Rudolf-Harbig-Gedächtnispreis 2004
Sportler des Jahres 1996
Karriereende:
23. Juni 2003
Karriere nach der Karriere:
Vorträge/Seminare zum Thema Motivation
Buch-Autor
ARD-Leichtathletik-Experte
(Morgenmagazin, Das Erste, sportschau.de)